Zeitzeugen-Nachmittag des Heimatverein Wulfen weckt großes Interesse

Am Wochenende wurde der zweite Teil der Veranstaltung „Zeitzeugen Nachmittag“ des Wulfener Heimatvereins in diesem Jahr veranstaltet.
In der ersten Jahreshälfte ging es um die „Dülmener Straße vom Bahnübergang bis Kleiner Ring“, nun um den restlichen Verlauf der Straße. Das Interesse war noch einmal größer als bei dem vorangegangenen Termin. „Es zeichnete sich zwar schon ein wenig ab, dass noch mehr Interessierte kommen wollten, als der Saal des Heimathauses Platz bietet, aber über diesen großen Andrang waren wir positiv überrascht. Wir hatten deshalb unter dem großen Vordach im Außenbereich noch weitere Sitzplätze, sowie eine Leinwand nebst Lautsprechern für die Übertragung der Präsentationen eingerichtet“, erklärte Max Schürmann, der zusammen mit Reinhard Schwingenheuer, die Veranstaltung moderierte. „Mit über 110 Personen kamen dann auch noch einmal gut 30 Teilnehmer mehr als beim April-Termin“.
Zeitzeugen-Nachmittage sollen Erinnerungen wecken
“Die Zeitzeugen-Nachmittage wollen Erinnerungen wecken und auch Wissen über die Vergangenheit vermitteln. Insbesondere dienen die Bilderpräsentationen mit Aufnahmen aus den letzten 120 Jahren dabei, konkrete Erinnerungen auf Gebäude und Häuser zu geben“, so Max Schürmann.
Zu Beginn würdigten die Anwesenden in einer Gedenkminute das Leben und die engagierte Arbeit des vor wenigen Tagen verstorbenen Reinhold Grewer. Er war es auch, der die Zeitzeugen-Nachmittage ins Leben gerufen hatte. Nach der Begrüßung stellte Max Schürmann in einer kurzen Präsentation einige zeithistorische Bezüge her. Reinhard Schwingenheuer hatte wieder sehr viele Informationen zu Begebenheiten und Ereignissen anhand dutzender Bilder parat, die in der Präsentation gezeigt wurden. Auch einige Gäste konnten zu der ein oder anderen Aufnahme ergänzende Hinweise geben. Es wurden auch einige Fotos gezeigt, die noch relativ unbekannt waren.
Interviews mit Zeitzeugen
Die Gespräche in der Pause wie auch nach dem Ende des Vortrages waren sehr intensiv und fruchtbar. So konnten die Mitglieder der Geschichtsgruppe auch einige Lücken bei Jahreszahlen wie auch Personen mithilfe der Anwesenden ergänzen. Ein wichtiges Element der Zeitzeugen-Nachmittage sind die Interviews mit Zeitzeugen. So waren gleich mehrere Gäste eingeladen. Zu ihnen gehörten Gustav Schonebeck vom Malerfachbetrieb, Heinrich und Johannes Humbert vom Fuhrunternehmen, sowie Johannes Mergen von der damaligen Kornbrennerei und Landwirtschaft in Wulfen.
Erlebnisse aus der Jugend
Auf die Frage an Gustav Schonebeck, wie er zu seinem Beruf als Maler gekommen sei, verwies er auf Erlebnisse aus der Jugend. Ein älterer Mann faszinierte ihn mit seinen malerischen Fähigkeiten. Da auch ein Freund von Gustav Schonebeck aus der Malerfamilie Bülskemper dabei war, entstand sein Wunsch in der Firma seine Lehre zu machen. Später, als Meister, ergab es sich aufgrund der Entstehung von Barkenberg ein Grundstück in Alt-Wulfen zu erwerben und dort den Malerfachbetrieb Schonebeck zu errichten. Mit seiner Frau Karin an seiner Seite konnte er sich auf die Arbeit an den Objekten konzentrierten und sie organisierte den Laden.
Lehre und Gesellenzeit bei Köpper in Dorsten
Ein weiterer Zeitzeuge war Heinrich „Heini“ Humbert. Er berichtete, dass er nach seiner Lehre und Gesellenzeit bei Köpper in Dorsten, von seinem Vater Johann Humbert gefragt wurde, doch auch im stetig wachsenden Familienbetrieb zu arbeiten. „Nicht nur aufgrund der besseren Bezahlung, sondern weil ich dem Vater diesen Wunsch nicht ausschlagen konnte, arbeitete ich dann fast 50 Jahre im Unternehmen“, berichtete Heini Humbert. Viele Anwesenden konnten bestätigen, dass er über die Jahre auch an vielen Grundstücken und Häusern mit seiner Arbeit als Bagger-, Radlader- oder LKW-Fahrer beteiligt war.
Anhand eines Bildes konnte er auch schildern, mit welchen Mitteln in den 1950er Jahren eine Wasserleitung entlang der Straße Kottendorfer Feld bis nach Lembeck verlegt wurde.
Schöne und wilde Jugend
Johannes „Hans“ Humbert berichtete zunächst von einer schönen und auch wilden Jugend. Mit bewegenden Worten schilderte Hans Humbert, wie sein Leben sich mit dem Todestag seines Vaters veränderte. „Vom Hörsaal direkt in den Betrieb des Fuhrunternehmens Humbert“, war eigentlich noch nicht sein Lebensplan, der durch den plötzlichen Tod seines Vaters jedoch vorgegeben war. Die Verlagerung des Betriebes von der heutigen Dülmener Straße ins Gewerbegebiet Köhl, war eine gewagte aber auch notwendige Entscheidung. Auch die Weiterentwicklung des Unternehmens, z.B. auch mit dem Kauf der Rundhalle in Hervest-Dorsten, sei notwendig geworden, um das Unternehmen mit seinen 80 Mitarbeitenden auch für die aktuellen Aufgaben gut aufgestellt zu haben.
Sein Sohn Jost ist bereits als Mitgeschäftsführer im Unternehmen tätig, das damit in der vierten Generation geführt wird. Johannes Humbert sieht es als gutes Zeichen für die Zukunft des Unternehmens an, das im kommenden Jahr 100 Jahre bestehen wird.
Der Mergenhof
Johannes Mergen berichtete danach über einen weiteren historischen Ort in Wulfen: Der Mergenhof geht auf das 17. Jahrhundert zurück und erlebte immer wieder Veränderungen in der Nutzung wie auch Gestaltung. 1835 errichtete Jakob Mergen einen Gebäudekomplex mit einer Seilerei und Holzschuh-Herstellung. Es wurde auch eine Mühle von einem Pferd oder Esel betrieben, damit war man von Wind und Wasser unabhängig. Sein Sohn Heinrich Mergen gründete 1871 die Kornbrennerei, die dann ihre Produkte ab 1876 mit der Bahn nach Essen und Gladbeck transportieren konnte. Später praktizierte sein Vater den Verkauf der Brennereierzeugnisse vor allem in der Herrlichkeit Lembeck und im Münsterland. Der 1901 geborene Großvater wurde mit drei Jahren Vollwaise und führte später die Landwirtschaft und die Kornbrennerei fort. Der Vater von Johannes Mergen modernisierte die Kornbrennerei und Landwirtschaft. Die Veränderungen in diesen beiden Wirtschaftsbereichen führte letztlich aber dazu, die Landwirtschaft wie auch die Kornbrennerei zu beenden und einen Einzelhandel auf dem Hof durchzuführen.
Nächster Zeitzeugen-Nachmittag in Planung
Max Schürmann bedankte sich abschließend bei den Interviewpartnern für ihr Kommen und ihre Offenheit. Anschließend wurde auf den nächsten Zeitzeugen-Nachmittag hingewiesen. Am 5. April 2025 wird das Thema „Schulen – Teil I. Volksschule / Matthäusschule / Montessori-Campus und Gesamtschule Wulfen“ sein.
Quelle und Fotos: Bludau
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